Hymer-Museum: Geschichten vom mobilen Reisen

Danke, Fridel Dethleffs-Edelmann! Die Künstlerin hat sich in den frühen 1920er Jahren ein mobiles Atelier zum Malen im Freien gewünscht. Ihr Verlobter Arist Dethleffs erfüllte ihr den Wunsch. Das „Wohnauto“ wird zum Hochzeitsgeschenk, zur Geschäftsidee und Geburtsstunde der Wohnwagenkultur. Mit dieser Episode beginnt der Rundgang durch die Geschichte des mobilen Reisens. Erzählt wird sie im Erwin Hymer Museum in Bad Waldsee.

Erwin Hymer Museum / Foto: © Camping Korrespondent
Der (einzige) Nachbau des ersten „Wohnautos“. Ziemlich eckig, dieser „angesagte“ Bauhaus-Chic von 1934. Zu sehen im Erwin Hymer Museum / Foto: © Camping Korrespondent

1934 startet die kleine Familie Dethleffs dann mit Baby Ursula zur ersten Reise mit Wohnwagen. Und damit ist der Startschuss für die Campermania in Deutschland gefallen. Dass sie auch entscheidend mit den Alpen zu tun hat, merken wir sofort: Die Oldtimer sind auf einer Steigung von 15% zum Obergeschoss angeordnet. Wir spazieren also an der Wanderniere, dem Dübener Ei und der Schäferkarre vorbei – alles Originale aus den 1930ern, 1940ern, 1950ern … bis ins Heute.

Vier Jahre nach der Jungfernfahrt der Dethleffs folgt der Rekordversuch der Familie Seitz. Sie haben die Alpen – das liebste Reiseziel damals – erstmalig inklusive Wohnwagen zu bezwingen versucht. Auch das also Teamwork. Lisa und Hans Seitz treten gemeinsam den Beweis an, dass die 48 Kurven hoch zum Stilfser Joch mit Gespann zu nehmen sind. Das Familienunternehmen baut bis heute Wohnwagen. Nur zwei von vielen Pioniergeschichten rund ums Campen – in Ost- und Westdeutschland.

Reisen und gleichzeitig Zuhause bleiben, das war die Devise damals; und sie gilt ja bis heute, oder? Als Hymer dann in den 1960er Jahren das fahrbare Wohn-Schlaf-Esszimmer mit dem Auto kombiniert, ist bald für jeden der passende Gefährte zu haben. Die Sammlung in Bad Waldsee präsentiert das Erbe der Tüftler*innen und Entwickler*innen all dieser Raumwunder auf vier Rädern. Das Museum zeigt Unikate und massentaugliche Erfolgsmodelle. Insgesamt sind es rund 250 Oldtimer, übrigens auch alte Käfer, ein schicker Benz oder die knallrote Vespa. Da fällt mal wieder ins Auge, dass Fahrzeuge früher irgendwie stylischer waren. Das älteste Ausstellungsstück ist ein Wohnwagen von 1850. Ihr könnt nicht in jedes Exponat rein, aber die Nase könnt ihr in die meisten stecken und das Fernweh geradezu riechen.

Die Oldtimer zeigen uns wie sich das Design, die Ausstattung und die Technik von Jahrzehnt zu Jahrzehnt an die Wünsche der Camper anpassen. Wir erfahren, wann und warum beispielsweise faltbare Wohnwagen beliebt geworden sind und staunen über den Versuch, einem Wohnmobil eine Dachterrassen zu verpassen. What?!

In den 1960ern zieht es die Ersten mit dem Camperbus in den Süden, oft Marke Eigenausbau. So wie der orange VW T2 von Astrid Magdowksi und Heinz Reeps, der hier ausgestellt ist. Wenn der sprechen könnte …  Auf 96.204 Kilometern hat der Bulli so einiges erlebt. Und so wird aus den Wohnwagen-Ferien in Rimini die Abenteuerreise über den Hippie-Trail. Dann steht die Route 66, die Exkursionen durch die Wüste oder auch Wintercamping auf dem Reiseplan.

Ihr habt sicher bemerkt, dass wir dieses Museum lieb gewonnen haben. Es sind längst nicht alle Geschichten erzählt. Schaut selbst vorbei! Wir empfehlen das dringend. Denn auf den zwei Etagen dieses lichtdurchfluteten Gebäudes parken echte Schätzchen. Wir würden ja gern mal eine Nacht in einem davon durchmachen, am liebsten im Airstream – und die Badewanne testen. Daraus wird wohl nichts. Aber auf dem Museums-Parkplatz kann ja auch übernachtet werden. Im eigenen Mobil. Viel Spaß!

Erwin Hymer Museum
Robert-Bosch-Straße 7
88339 Bad Waldsee
Täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, am Donnerstag bis 21 Uhr
Eintrittskarten für Erwachsene € 9,50 und für Kinder € 4,50

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